Das sagt das BMI zur Anwendung der HOAI nach EuGH-Urteil

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (kurz: EuGH) zur HOAI haben öffentliche Auftraggeber die Vergabeverfahren erst einmal auf Eis gelegt. Um einen bundesweiten Auftragsstau zu vermeiden, hat das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (kurz: BMI) Anfang August 2019 einen Erlass veröffentlicht.

Der BMI-Erlass soll die Anwendung der HOAI im Nachgang zum EuGH-Urteil rechtssicher regeln. Vor allem für die Bundes- und Landesdienststellen. So können sich die öffentlichen Auftraggeber an ersten Vorgaben zum Umgang mit dem EuGH-Urteil orientieren. Auch wenn private Bauherren oder Kommunen mit dem Erlass nicht adressiert werden, ist doch mit einer weitreichenden Orientierungsfunktion des BMI-Erlasses zu rechnen.

Wir haben für Sie die wichtigsten Aussagen des BMI kurz zusammengefasst. Damit Sie wissen, wie Sie auch nach dem EuGH-Urteil auf Grundlage der HOAI rechtssicher Verträge gestalten können.

Hintergründe zum EuGH-Urteil zur HOAI kurz zusammengefasst

Was war passiert? Das EuGH-Urteil vom 4. Juli 2019 hatte Teile der HOAI in Deutschland gekippt: Die verbindliche Regelung der Mindest- und Höchstsätze waren laut EuGH-Entscheidung nicht mit EU-Recht vereinbar.

In seinem Urteil zur HOAI betonte der EuGH zwar folgendes:
„dass die Existenz von Mindestsätzen für die Planungsleistungen im Hinblick auf die Beschaffenheit des deutschen Marktes grundsätzlich dazu beitragen kann, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten, und folglich dazu, die von der Bundesrepublik Deutschland angestrebten Ziele zu erreichen.“

Dennoch war das EuGH-Urteil zur HOAI weniger positiv ausgefallen als allgemein erwartet.

Gründe für das EuGH-Urteil zur HOAI

Der EuGH sieht in dem deutschen Regelungswerk insgesamt eine Unstimmigkeit. Denn in Deutschland dürfen Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden, die ihre entsprechende fachliche Eignung nicht nachgewiesen haben.

Das passt nicht zu dem mit den Mindestsätzen verfolgten Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen sicherzustellen.

Ob der EuGH zum selben Urteil gekommen wäre, wenn in Deutschland Planungsleistungen ausschließlich von Architekten und Ingenieuren erbracht werden dürften, bleibt spekulativ.

Sicherlich hätte hier die Bundesregierung stärker mit einer ausbildungsbedingten Grundqualität argumentieren können.

Nach EuGH-Urteil zur HOAI drohte Vergabestau

Das EuGH-Urteil zur HOAI zeigte schnell Wirkung und die öffentlichen Auftraggeber reagierten dementsprechend verunsichert. Solange ein Anwendungserlass aus dem Bundeswirtschaftsministerium nicht vorliegt, sollten keine neuen Vergabeverfahren zu Verträgen mit freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren in die Wege geleitet werden.

Es sollte erst Klarheit über die HOAI und ihre Gültigkeit geschaffen werden. Ein Vergabestau bahnte sich an.

Das EuGH-Urteil zur HOAI und die Reaktion der Bundesministerien

Noch im Juli 2019 ließ das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (kurz: StMB) verlauten, dass die Bundesregierung zeitnah einen Erlass zur Regelung veröffentlichen werde. Dieser Erlass sollte für die Übergangszeit die Vergabe und Honorierung der Leistungen von Architekten und Ingenieuren regeln.

Darüber hinaus sollten auch Erläuterungen enthalten sein, wie die Vertragsmuster bei Verträgen mit Architekten und Ingenieuren in Zukunft gestaltet werden können.

Der Erlass des BMI zum EuGH-Urteil zur HOAI bringt Klarheit

Um den entstandenen Unsicherheiten bei der Vergabe und dem sich anbahnenden Vergabestau in den Griff zu bekommen, hat das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (kurz: BMI) Anfang August 2019 einen Erlass veröffentlicht; einen Erlass zur rechtssicheren Anwendung der HOAI – als Reaktion auf das EuGH-Urteil.

Adressaten sind hierbei primär die Bundes- und Landesdienststellen. So können sich die öffentlichen Auftraggeber an ersten Vorgaben zum Umgang mit dem EuGH-Urteil orientieren.

Was genau sagt das BMI zum EuGH-Urteil zur HOAI?

Der vollständigen Erlass des BMI zum richtigen Umgang mit der EuGH-Entscheidung umfasst an die fünf Seiten und erläutert die Vorgaben recht detailliert.

Auf den Seiten der Bundesingenieurkammer finden Sie sowohl den BMI-Erlass zum Download als auch weitere Informationen wie beispielsweise nützliche Hinweise zur Vertragsgestaltung Objektplanung: Gebäude und Innenräume.

Für eine Kurzfassung lesen Sie einfach weiter.

Die 4 Kernaussagen des BMI-Erlasses zum EuGH-Urteil

    1. In bestehenden Verträgen bleiben die Mindestsätze der HOAI gültig. Es besteht kein nachträglicher Anpassungsbedarf.
    2. In VgV-Verfahren dürfen Angebote nicht nur deshalb ausgeschlossen werden, weil das Angebot den Mindestsatz unterschreitet. Davon unberührt bleibt allerdings die Prüfung auf Angemessenheit.
    3. Eine Honorarvereinbarung nach den HOAI-Mindestsätzen ist nach wie vor möglich. Grundlage ist die Privatautonomie bzw. die sog. Vertragsfreiheit in Deutschland.
    4. Das EuGH-Urteil zur HOAI trifft keine Aussage zum Vergaberecht der öffentlichen Auftraggeber.

Weiterführendes wie Sie mit der EuGH-Entscheidung bei der Vertragsanbahnung zukünftig umgehen können und müssen, lesen Sie in diesem Blogbeitrag:
EuGH-Urteil zur HOAI: Das sind die Folgen für Ihr Tagesgeschäft.

Der Erlass des BMI hat Orientierungsfunktion

Auch wenn die Regelung des BMI nur für Bundes- und Landesdienststellen gilt, wird sie doch weitreichende Folgen haben. Es steht anzunehmen, dass sich auch die Kommunen an den Vorgaben orientieren werden.

Letztlich ist es nicht ausgeschlossen, dass sich private Bauherren ebenso verhalten werden.

Wir warten ab und halten Sie auf dem Laufenden.

Wollen Sie erfahren, welche weiteren EuGH-Entscheidungen für Sie als Unternehmer in Deutschland relevant sind? Das lesen Sie unseren Blogbeitrag zum EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung: Lösungen für Planungsbüro.

EuGH-Urteil zur HOAI: Kein Problem für Honorarermittlung mit KOBOLD

Der BMI-Erlass zum EuGH-Urteil über die Mindest- und Höchstsätze der HOAI zeigt deutlich: Das EuGH hat nicht das Ende der Honorarverordnung für Architekten und Ingenieure eingeläutet. Im Gegenteil, die meisten Regelungen wie bspw. die Leistungsbilder und Leistungsphasen bleiben von der EuGH-Entscheidung unberührt.

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