Bei der Bestimmung der richtigen Stundensätze führt für Planungsbüros kein Weg an den Gemeinkosten vorbei. Doch wie werden Gemeinkostenzuschlagssätze berechnet und bei welchem Wert befinden sich Bauplaner im grünen Bereich? In diesem Beitrag verraten wir es Ihnen.
Was versteht man unter einem Gemeinkostenzuschlag?
Wie in jedem anderen Unternehmen fallen auch in Architektur- und Planungsbüros bestimmte Kosten an, die sich nicht einem spezifischen Projekt zuordnen lassen. Diese werden Gemeinkosten genannt und bestehen zum Beispiel aus:
- Büromiete
- Abschreibungen
- Nicht-operativen Personalkosten (Urlaub, Krankheit, administrative Aufgaben)
- Fortbildungskosten
- Versicherungsbeiträge
- Rückstellungen
Über einen Verteilschlüssel bzw. Gemeinkostenzuschlagssatz werden diese auf die verschiedenen Bauprojekte verrechnet, so dass sich ein Vollkostenstundensatz ergibt. Dieser berücksichtigt alle Kosten des Planungsbüros.
Gemeinkostenzuschlag: die wichtigsten Begriffe im Überblick
Zur Berechnung des Gemeinkostenzuschlags werden unterschiedliche Kostengrößen und -dimensionen berücksichtigt. Im Folgenden eine Übersicht mit Begriffen, die rund um das Thema der Gemeinkosten wichtig sind:
Fixkosten
Die Fixkosten fallen unabhängig der laufenden Projekte immer in gleicher Höhe an (z. B. Mieten, Versicherungsbeiträge oder Abschreibungen). Alle Fixkosten sind gleichzeitig immer Gemeinkosten, die sogenannten fixen Gemeinkosten. In der Regel machen Sie den Hauptanteil der Gemeinkosten aus.
Variable Kosten
Hierzu gehören Kosten, die je nach Auftragslage in unterschiedlicher Höhe anfallen, z. B. durch externe Software-Beratung oder durch Benzinkosten für Fahrten zu Kunden. Variable Gemeinkosten sind jene monatlich schwankenden Kosten, die sich nicht einem bestimmten Projekt zuordnen lassen.
Deckungsbeitrag
Der Deckungsbeitrag gibt an, ob und in welchem Umfang die fixen Kosten (und ebenso der größte Teil der Gemeinkosten) mit dem vorhandenen Projekt-Umsatz getragen werden können. Man errechnet den Deckungsbeitrag mit folgender Formel:
Umsatz – variable Kosten
Je größer der Wert ist, desto besser lassen sich nicht nur die Fixkosten, sondern auch ein großer Teil der Gemeinkosten tragen.
Kostenart: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Kosten des Planungsbüros zu kategorisieren und für die Berechnung des Vollkostenstundensatzes vorzubereiten. Dabei wird immer die Frage gestellt, welche Kosten in welcher Höhe entstanden sind. Bei der Kostenartenrechnung werden Kosten unter anderem auch in Gemein- und Einzelkosten unterteilt.
Kostenstelle: Bei der Kostenstellenrechnung stellt sich das Controlling die Frage, an welcher Stelle bestimmte Kosten entstanden sind. So entstehen Gemeinkosten etwa in der Verwaltung oder im Vertrieb eines Planungsbüros.
Kostenträger: Bei der Kostenträgerrechnung stellt man sich die Frage, welche Kosten auf welches Projekt verrechnet werden. Einzelkosten zeichnen sich darin aus, dass sie direkt einem bestimmten Projekt zuzuordnen sind, Gemeinkosten werden bei der Kostenträgerrechnung entsprechend hinzugerechnet.
Wie wird der Gemeinkostenzuschlagssatz berechnet?
Beim Gemeinkostenzuschlagssatz setzt man die Gemeinkosten in Beziehung zu den projektbezogenen Kosten:
Gemeinkosten / Projektbezogene Kosten
Ein Beispiel: In einem Jahr sind in einem Architekturbüro Gemeinkosten von 500.000 € (z. B. für die Personalverwaltung oder das allgemeine Management) sowie projektbezogene Kosten von 250.000 € entstanden. Daraus ergibt sich ein Gemeinkostenzuschlagssatz von 2,0. Dieser wird nun auf die projektbezogenen (operativen) Stundensätze pro Mitarbeiter umgelegt. Für Architekt A wird ein Stundenlohn von 20 € gezahlt. Verrechnet man nun den Gemeinkostenzuschlag, muss man jedoch einen Vollkostenstundensatz von 40 € kalkulieren.
Achtung: Enthalten ist hier immer noch nicht der Gewinnzuschlag für das Unternehmen.
Wie hoch darf der Gemeinkostenzuschlagssatz sein?
Der Faktor 2,0 ist ein allgemeiner Durchschnittswert. Bei kleineren Büros fällt er meist niedriger aus. Bei größeren Planungsbüros steigt der Gemeinkostenzuschlag, so dass sich bei 30 bis 40 Mitarbeitern ein Wert von 2,5 meist in einem normalen Rahmen bewegt.
Gemeinkostenzuschlagssatz: Warum ist dieser Wert so wichtig?
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum der Gemeinkostenzuschlag existenziell wichtig ist und darum in keinem Planungsbüro mehr fehlen darf:
Stundensätze richtig kalkulieren
Zunächst einmal ist der Gemeinkostenzuschlag ein unverzichtbarer Bestandteil der Stundensatzkalkulation und wird umso wichtiger, je größer das Planungsbüro ist. Denn hier steigt der Anteil von Mitarbeitern mit weniger projektbezogenen und mehr administrativen Aufgaben. Man denke dabei zum Beispiel an Mitarbeiter des Managements oder in der Verwaltung.
Auf Basis des Gemeinkostenzuschlags lässt sich normalerweise ablesen, ob Preise für Dienstleistungen und Produkte erhöht oder Kosten gesenkt werden müssen. Ersteres ist bei Architekten und Ingenieuren aufgrund der beschränkten Budgetierung nach HOAI gedeckelt. Die wichtigste Stellschraube ist darum eine Optimierung des Personaleinsatzes innerhalb einer umfangreichen Ressourcenplanung.
Wettbewerbsfähigkeit prüfen
In Zeiten guter Konjunktur tritt der Aspekt des Wettbewerbs eher in den Hintergrund. Dennoch gibt es zu jeder Zeit durchaus Prestigeprojekte, um die mehrere Büros gleichzeitig kämpfen.
Ist man mit dem gegebenen Budget mit Blick auf die eigenen kalkulierten Stundensätzen in der Lage, den Auftrag anzunehmen? Kann man dennoch kurzfristig aus unrentable Projekte annehmen, um das eigene Image innerhalb der Branche zu steigern? Diese und weitere Fragen lassen sich mit Hilfe des Gemeinkostenzuschlags klären.
Der Gemeinkostenzuschlagssatz ist somit eine Kennzahl dafür, wie flexibel ein Unternehmen ist. So können aufgrund hoher Gemeinkosten bestimmte Aufträge gar nicht oder nur schwer angenommen werden.
Gesundheitszustand des Unternehmens ermitteln
Darüber hinaus dient der Gemeinkostenzuschlag als Gesundheitskennziffer für den wirtschaftlichen Zustand des Planungsbüros. Denn er wirft Fragen auf, in welchem Umfang das operative Projektgeschäft in der Lage ist, die Gemeinkosten zu tragen:
Bewegt sich das Büro auf ein Minusgeschäft zu, so dass in (naher) Zukunft Liquiditätsengpässe drohen? Bleibt am Ende ein ausreichender Anteil, um die Unternehmensziele zu erreichen? Diese und weitere Fragen lassen sich mit Hilfe des Gemeinkostenzuschlags bewerten.
Gemeinkostenkalkulation effektiv durchführen
Die Zeiten sind längst vorbei, in denen man Vollkostenkalkulationen aufwändig mit Excel-Tabellen erstellt hat. Mit der Unterstützung einer Softwarelösung für Architekten und Ingenieure lassen sich sowohl die Planung als auch das Controlling der verschiedenen Bauprojekte ganzheitlich miteinander verbinden.
Checkliste: Darauf sollten Sie bei Ihrer Softwarelösung nicht verzichten
- Um eine Gemeinkostenkalkulation in Ihre Planungssoftware zu integrieren, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Lässt sich der Stundensatz jedes einzelnen Mitarbeiters im System abbilden?
- Kann man zwischen produktiven (operativ eingesetzten) und unproduktiven (administrative Aufgaben, Urlaubstage, Krankheitstage) Stunden differenzieren?
- Lassen sich alle Kosten aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) ins System einspielen?
- Besitzt die Software Frühindikatoren bzw. einen Forecast für zukünftige Entwicklungen?
Fazit: Gemeinkostenzuschlag richtig berechnen
Um den Gemeinkostenzuschlagssatz zu berechnen, setzt man alle operativen Kosten für ein bestimmtes Projekt in Relation zu den Gemeinkosten (z. B. Miete, Versicherungen und Verwaltung und unproduktive Arbeitsstunden). Auf diese Weise lassen sich die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger (Bauprojekte) verrechnen.
Wer ohne einen Gemeinkostenzuschlag kalkuliert, wird sein Planungsbüro auf Dauer nicht wirtschaftlich führen können – nicht zuletzt, weil auf diese Weise auch notwendige Ressourcen- und Liquiditätsplanunungen nicht möglich sind. Wer heute falsche Stundensätze kalkuliert, wird dies morgen bereits in der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens bemerkbar machen.
Ebenso nicht zu unterschätzen ist der Gemeinkostenzuschlagssatz als wichtiger Indikator für die Wettbewerbsstärke eines Planungsbüros. Je weniger Gemeinkosten ein Unternehmen zahlen muss, desto flexibler kann dieses Aufträge annehmen und sich dauerhaft von der Konkurrenz abheben.
Ein realistisches Bild der Gemeinkosten lässt sich bereits mit einer ganzheitlich ausgerichteten Planungs- und Controllingsoftware wie KOBOLD CONTROL abbilden. Die Software ermittelt aus allen projektbezogenen und nicht-projektbezogenen Kosten einen realistischen Vollkostenstundensatz.
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